Versäumnisse der Migrationspolitik abstellen


Nach 15 Jahren steht Forderung aus FPÖ-Volksbegehren vor Umsetzung

 

Von Günther Steinkellner

Als sich vor rund 20 Jahren die starren politischen Fronten zwischen Ost und West aufzulösen begannen, weil der reale Sozialismus mit der wirtschaftlichen Realität nicht mehr mithalten konnte, begann innerhalb Europas die vierte große Wanderungsbewegung nach der Vertreibung der Deutschen nach dem 2. Weltkrieg, der Flucht der Ungarn 1956 und der Tschechoslowaken 1968 vor den kommunistischen Panzern.

Österreich hatte diesen Flüchtlingen so wie den aus anderen Krisengebieten der Erde bei uns gestrandeten Menschen – von Korea über Vietnam bis zu den Opfern der repressiven Systeme Südamerikas – immer bereitwillig Asyl gegeben.

Darum machte sich die damals regierende SP-VP-Regierung auch kaum Gedanken, als plötzlich vermehrt Menschen aus dem ehemaligen Ostblock bei uns um Asyl ansuchten. Dass viele davon nicht die in der Menschenrechtskonvention normierten Voraussetzungen für Asyl mit sich brachten, wurde von den Verantwortlichen einfach nicht beachtet. Auch die Dimension der Probleme, die durch diese als Asyl getarnte Einwanderungswelle auf Österreich zukamen, wurde einfach ignoriert.

Die FPÖ warnte bald, nicht jeden, der aus ökonomischen Gründen sein Heimatland verließ, automatisch in Österreich als Asylwerber zu akzeptieren. Diese vorausschauende Haltung wurde nicht belohnt. Das Ignorieren der Realität durch SP und VP, bestens gefördert durch die Grünen, führten zu einer regelrechten Verteufelung der FPÖ, ihrer Mitglieder, Funktionäre und Wähler.

Höhepunkt war wohl das „Lichtermeer“ auf dem Wiener Heldenplatz, wo jede und jeder zu Wort kam, der etwas gegen die FPÖ sagen wollte, um gegen das von der FPÖ initiierte Volksbegehren „Österreich zuerst“ Stimmung zu machen. Trotzdem gingen mehr als 410.000 Österreicherinnen und Österreicher zu ihrem Wohnsitzgemeindeamt und unterstützten die Forderungen des Volksbegehrens.

Bildung für alle sicherstellen

Zwei der zwölf Punkte des Volksbegehrens „Österreich zuerst“ beschäftigten sich mit den Auswirkungen der ungeregelten Zuwanderung auf die österreichische Bildungslandschaft und zeigten Lösungswege auf:

  • Entspannung der Schulsituation durch Begrenzung des Anteils von Schülern mit fremder Muttersprache in Pflicht- und Berufsschulklassen mit höchstens 30%; bei einem mehr als 30%igen Anteil von fremdsprachigen Kindern Einrichtung von Ausländer-Regelklassen.
  • Entspannung der Schulsituation durch Teilnahme am Regelunterricht nur bei ausreichenden Deutschkenntnissen (Vorbereitungsklassen).

Die Zielsetzung war klar: Durch Vorbereitungsklassen und die Begrenzung auf 30 Prozent Schüler mit nicht deutscher Muttersprache sollte in den Klassen ein annähernd gleiches Sprachniveau geschaffen werden. So wollte die FPÖ sicherstellen, dass sowohl die Kinder mit deutscher Muttersprache als auch jene mit fremder Erstsprache in ihrer Entwicklung bestmöglich gefördert werden. Doch diese Absicht war der rot-schwarz-grünen Phalanx aus „Gutmenschen“ ein Horror. Schmähungen jeglicher Art gegen die Befürworter und Unterzeichner des Volksbegehrens waren die Folge.

Dieses Ignorieren der Realität hatte seine Folgen. Knapp zehn Jahre später verlangte der damalige SP-Vorsitzende Gusenbauer als Reaktion auf das schlechte Abschneiden Österreichs bei der PISA-Studie eine „nationale Kraftanstrengung“ und meinte, „die Parteien sollen sich aus den ideologischen Schützengräben herausbewegen“.

Und er meinte weiter: „Die Vorschläge der SPÖ: Es soll erreicht werden, dass alle Kinder, auch jene nicht-deutscher Muttersprache, in den Kindergarten kommen, damit jedes Kind bei Schuleintritt über entsprechende Deutschkenntnisse verfügt. Das letzte Kindergartenjahr soll als eine Art ‚Vorschule‘ geführt werden, um eine optimale Vorbereitung auf die Schule zu leisten und die in der Schnittstelle Kindergarten – Schule auftretenden Probleme zu entschärfen.“ (Zitate: „SK – Sozialistische Korrespondenz“ vom 5. Dezember 2004; Gusenbauer in der ORF-Pressestunde).

Dem 1992 in der oö. Landesregierung noch als Landesrat schon für Bildung zuständigen Dr. Pühringer von der VP (seit März 1995 Landeshauptmann und damit auch Präsident des Landesschulrates) fiel in der Bildungsdebatte im oö. Landtag zu den beiden Punkten des Volksbegehrens nur ein, es sei „ein Volksbegehren, das im Ausland ein falsches Bild von Österreich macht, ich möchte das deutlich sagen, das keinen Beitrag zur eigentlichen Lösung des Problems leistet, …“ (Zitat: Kurzschriftl. Bericht des oö. Landtages, XXIV. GP, 12. Sitzung vom 9. bis 11. Dezember 2002, S. 83).

15 Jahre wurden versäumt

2007 – weitere PISA-Studien und sonstige EU-weite Erfolgsvergleiche später – sind aus der ÖVP plötzlich andere Töne zu hören.

„Linz (APA) – Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (V) fordert als Bildungsreferent der Landesregierung, dass in Schulklassen höchstens ein Drittel Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache sitzen darf. Nur so sei gute Integration möglich, argumentierte er in einem Schreiben an Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S), über das die Oberösterreichischen Nachrichten (OÖN) in ihrer Dienstag-Ausgabe berichteten. Zustimmung dazu kam von FPÖ und BZÖ.“ (Zitat: APA 27. Februar 2007)

Erstaunlich: Die FPÖ stimmte dem zu!? Es scheint wohl eher umgekehrt zu sein. Die VP und Landeshauptmann Dr. Pühringer haben 15 Jahre verstreichen lassen, während denen genug Zeit gewesen wäre, die Integration der Kinder mit fremder Erstsprache zu unterstützen und damit die Unterrichtssituation zu verbessern. Aber auch die VP-„Erleuchtung“ des Jahres 2007, es könnte sinnvoll sein, die 30 %-Klausel einzuführen, brachte noch keinen Durchbruch.

21 Monate später, am 1. Dezember 2008, konnte man im „Neuen Volksblatt“, der VP-Parteizeitung, folgendes Eingeständnis lesen:

„‚Heiße Eisen‘ (von Markus Ebert)
In einem Sonntagsblatt durfte Unterrichtsministerin Claudia Schmied ihre Vorstellungen darüber ausbreiten, wie sie die Schule an die Weltspitze führen will. Alles Mögliche führte sie an, nur bei einem Problem blieb sie mehr als vage – nämlich bei der (sprachlichen) Integration jener Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist.
Dabei müsste die Wienerin Schmied mit der Forderung von LH Josef Pühringer, den Anteil der Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache auf 30 Prozent der Schüler einer Klasse zu beschränken, die hellste Freude haben. Denn in der Bundeshauptstadt liegt der Anteil der Pflichtschüler mit Deutsch als Muttersprache schon deutlich unter 50 Prozent. Dass Spracherwerb hier zum Problem wird, liegt wohl auf der Hand. Nur wer die Landessprache beherrscht, hat Chancen auf gelingende Integration. Dass die Integration jener, die zu uns kommen, uneingeschränktes Ziel sein muss, ist wohl unbestritten. Sprachliche und soziokulturelle Ghettobildung kann nicht einfach als gottgegeben akzeptiert werden. Es sind heiße Eisen, die Pühringer und Innenministerin Maria Fekter mit ihren Forderungen nach Deutschkenntnissen anfassen. Aber es ist notwendig.“

Plötzlich – 15 Jahre später – ist also „notwendig“, was vorher „schädlich“ war ! Die Entwicklung hatte die seit 15 Jahren unverantwortlich handelnden Verantwortlichen überrollt, die Auswirkungen der falschen Migrationspolitik auf Oberösterreichs Schulsystem waren nicht mehr zu vertuschen.

Die FPÖ hatte – wie zu Beginn jeden Schuljahres – eine parlamentarische Anfrage an die Bildungsreferenten gerichtet, wie sich die Schülerzahlen in den Pflichtschulen entwickeln.

Das Ergebnis der Anfrage bestätigte – leider – die Klagen von Lehrern und Eltern. In den oö. Schulen wurde eine Auswirkung der Migration erreicht, die eine Integration nicht mehr zulässt.

  • Im Schuljahr 2008/2009 sind in Oberösterreich von den rund 6000 oö. Pflichtschulklassen bereits 1294 Klassen mit mehr als 30 % Schülern mit nicht deutscher Muttersprache.
  • 726 dieser Klassen befinden sich in Volksschulen, 462 in Hauptschulen, in Sonderschulen 71 Klassen und 35 Klassen in Polytechnischen Schulen.
  • In 693 Klassen beträgt der Anteil der Kinder mit nicht deutscher Muttersprache mehr als 50 Prozent.
  • In 39 Klassen beträgt der Anteil an Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache bereits 100 %. Diese verteilen sich auf 23 Volksschulklassen, 14 Hauptschulklassen und 2 Sonderschulklassen.

Das unterstellt nicht, dass alle Kinder, die nicht Deutsch als Erstsprache gelernt haben, deswegen über schlechte Deutschkenntnisse verfügen. Aber wenn in einer Klasse kein einziger Schüler mehr Deutsch als Muttersprache hat, kann sich wohl jeder die Probleme vorstellen, die sich für die Unterrichtssituation ergeben.

Die Belastung, der das Lehrpersonal dadurch ausgesetzt ist, lässt auch verstehen, warum viele Pädagogen keinen Wert darauf legen, in solchen Schulen zu unterrichten.

Unter diesem Gesichtspunkt ist auch das Begehren von Pädagogen zu sehen, dass die Schüler in den Pausen miteinander Deutsch sprechen sollen (dass dies gleich wieder nahezu hysterische Reaktionen bei grün-roten Ignoranten nach sich zog, war selbstverständlich).

Islamischer Religionsunterricht: Steigender Laizismus oder versteckter Islamismus?

Bemerkenswert ist die Entwicklung bei der Teilnahme am Religionsunterricht.

Während sich im laufenden Schuljahr 923 Schüler vom katholischen Religionsunterricht abgemeldet haben, taten dies 4.521 vom Islam-Unterricht.

Daraus ergeben sich Fragen, die für die Weiterentwicklung der Integration in Österreich möglichst schnell beantwortet werden sollten: Entziehen die Eltern ihre Kinder dem staatlichen Religionsunterricht, weil sie so laizistisch sind und nichts mit dem Islam zu tun haben wollen?

Oder wollen diese Eltern ihre Kinder nur in einer Koranschule unterrichten lassen, unbeobachtet von den am übrigen Schulbetrieb teilnehmenden Personen?

Sollte Letzteres der Fall sein, wären dies Alarmzeichen für unsere Gesellschaft und damit ein weiterer Handlungsauftrag an die Politik.

Denn damit hätten wir auch in Oberösterreich und Österreich eine Entwicklung, deren Folgen wir schon aus Großbritannien und Frankreich kennen: Religiöse, gesellschaftliche und politische Segregation statt Integration, islamistische Parallelgesellschaft statt freiheitlich-demokratischem Gemeinwesen.

Auch das ist Teil des Bildes, welches durch die falsche Migrationspolitik der letzten 15 Jahre geprägt wurde.

Noch ist es nicht zu spät, klare Regeln für Migration und Integration zu beschließen.

Doch auch bei noch so wohlwollender Betrachtung des Arbeitsprogramms der neuen Bundesregierung scheint ein solches Regelwerk wohl kaum so schnell auf die Tagesordnung zu kommen.

 
Mag. Günther Steinkellner ist Klubobmann der FPÖ-Abgeordneten im oö. Landtag

 
Anhang 1
Anteil an Schülern mit nicht-deutscher Muttersprache und unzureichenden Deutschkenntnissen in den oö. Pflichtschulen im Schuljahr 2008/2009 [als PDF-Datei]


Anmerkung: Zur Ermittlung der Zahl der ord. und a. o. Schüler mit anderer Erstsprache als Deutsch werden entsprechend den Richtlinien für die Erstellung des Stellenplans nur Schüler berücksichtigt, die nicht mehr als sechs Schuljahre in Österreich absolviert haben.

Anhang 2
Abmeldungen vom Religionsunterricht nach Religionsbekenntnis und Bezirk [als PDF-Datei]

 

Bearbeitungsstand: Montag, 10. Jänner 2011

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