Zitaten-Truhe


Integration ist keine Einbahnstraße

„Viele Migrationsexperten hatten behauptet, dass die fehlende oder fehlgeschlagene Integration hauptsächlich oder gar vollständig den Europäern zuzuschreiben sei, als ob Integration eine Einbahnstraße wäre. Jede Einwanderungswelle, selbst in typischen Einwanderungsländern wie den Vereinigten Staaten, war auf Ablehnung gestoßen, welche die Einwanderer zu überwinden hatten. Die Problematik bei den nach Europa eingewanderten Muslimen bestand darin, dass viele von ihnen nicht Teil ihrer Gastgesellschaft werden wollten, sondern das Leben in einem Ghetto bevorzugten und von ihren spirituellen Anführern und auch von führenden muslimischen Politikern dazu ermutigt wurden. Zur gleichen Zeit behaupteten sie, sie würden diskriminiert, und die jungen unter ihnen schienen ihren Opferstatus zu genießen. Diejenigen, die es geschafft hatten und denen der gesellschaftliche Aufstieg gelungen war, zogen größtenteils aus dem Ghetto aus, im Gegensatz beispielsweise zu Indien, wo die muslimische Mittelschicht weiterhin in den Bezirken wohnte, in denen ihre Glaubensgenossen lebten.“

  • Walter Laqueur, in „Europa nach dem Fall“, St. Martin’s Press New York 2011, deutsch bei F. A. Herbig, München 2012, Seite 126.

Zur Schuldenproblematik

„Die EU überkleistert meisterhaft die Schuldenproblematik und die Fehlkonstruktionen in der Währungsunion. Sie wandelt sich zu einer Maschinerie europaweiter Umverteilung, bei der die Zentralbank nicht mehr Hüterin der Preis- und Geldwertstabilität, sondern ein Motor des erhofften wirtschaftlichen Aufschwungs ist. Inflation scheint man in Europa nur noch vom Hörensagen zu kennen. Amerika hat eben medienwirksam seinen Sturz vom ‚fiscal cliff‘ vermieden und damit die Verantwortungslosigkeit vertuscht, mit der seine Politiker jährlich Billionendefizite anhäufen. Das ebenfalls hochverschuldete Japan sieht unter der neuen (alten) LPD-Regierung sein wirtschaftliches Heil weiter und sogar noch verstärkt in einer lockeren Geldpolitik und in kreditfinanzierten Konjunkturprogrammen. Die unangenehme Tatsache, dass ohne Strukturreformen und Einsparungen kein nachhaltiger Wirtschaftsaufschwung zu erreichen sein wird, lässt man gerne ins Unbewusste absinken.“

  • Beat U. Wieser, unter „Braucht die Politik eine Psychotherapie?“ in „Neue Zürcher Zeitung“, vom 12./13. Januar 2013.

Ideologisierte Sozialwissenschaft

„Die sozialwissenschaftliche Forschung in Deutschland ist total ideologisiert. Konsens ist, dass die Gesellschaft versagt hat, die Menschen zu integrieren. Wenn es Probleme bei den Migranten gibt, hat das für sie soziale Gründe. Kultur als determinierend zu bezeichnen, ist tabu. Und es wird immer schlimmer. Iranische, türkische, deutsche Studentinnen erzählen mir, dass sie sofort gemobbt werden, wenn sie z. B. über Familienstrukturen forschen wollen: Für Fragestellungen wie ‚Sind Ehrenmorde symptomatisch? Gibt es Zwang zur Ehe, woher kommt das historisch?‘ finden sich keine Professoren.“

  • Necla Kelek im Interview mit „Die Presse am Sonntag“ vom 20. Jänner 2013 auf Seite 48. Das Buch dieser deutsch-türkischen Publizistin „Die fremde Braut“, Köln 2005, wurde von jan Mahnert in den Genius-Lesestücken 1/2006 besprochen,  Keleks Buch „Die verlorenen Söhne“ in Folge 2/2006 von Linda Herbst.
Bearbeitungsstand: Montag, 28. Jänner 2013

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