Warum nicht Asylpolitik an den Wurzeln?


Genfer Flüchtlingskonvention trägt der neuen Situation nicht Rechnung

 

Von Heinrich Wohlmeyer

Die Asylpolitik ist vom „gutmenschlich“ diskutierten Dauerbrenner zur erkannten elementaren Bedrohung geworden. Neben der Überforderung der Sozialsysteme kann das Sicherheitsrisiko nicht mehr wegdiskutiert werden, seit IS (der Islamische Staat) verkündet hat, dass er bei einem Eingreifen der europäischen Staaten in Libyen vorher mit dem Tod bedrohte Menschen in Hunderten von Booten nach Europa schicken würde. Von 500.000 ist die Rede.

Die bislang ungehörte Warnung von K. M. Greenhill aus dem Jahre 2010 (Weapons of Massmigration: Forced Displacement as an Instrument of Coercion, in der Zeitschrift Strategic Insights Vol. 9, issue 1, Spring-Summer 2010, SS 116–159) wurde wahrgenommene Realität. Greenhill definierte die „Massenmigrationswaffe“ als absichtlich erzeugte und manipulierte, grenzüberschreitende Bevölkerungsbewegung mit dem Ziel der Erpressung und Destabilisierung des Gegners.

Dazu kommt die steigende gesellschaftliche Destabilisierung durch die Enttäuschungshaltung, die zur Kriminalität führende Verschuldung gegenüber den Schleppern und den Nichtanpassungswillen vieler Migranten. Weil sich die Versprechungen der Schlepper nicht bewahrheiten, lassen sie ihren Zorn an den Gastgesellschaften aus und flüchten sich in religiöse Fundamentalismen, die ihre erhofften Ansprüche und Hoffnungen untermauern.

Handlanger strategischer US-Interessen

Wir sollten den nun hoffentlich erwachten Politikern und „Gutmenschen“ in Europa die unangenehme Frage stellen, wieso die Massenmigrationsströme entstehen und warum wir mit diesen nicht fertig werden.

Die augenscheinlichsten sind die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und Nordafrika, wo die Europäer als Handlanger der strategischen Interessen der USA Länder in Bürgerkriege hinein manövriert haben. Das geopolitische Kalkül ist erkennbar: Man kann und will nicht mehr über den „Direktkolonialismus“ herrschen; ergo versucht man es über das organisierte Chaos. Keine Rolle spielt dabei das Schicksal der Zivilbevölkerung. Diese wird sogar zum Verlassen des Landes verleitet.

Der zweite große Bereich ist Afrika mit seinem großen Reichtum an Bodenschätzen. In einem zynischen Zusammenspiel von rohstoffhungrigen Konzernen mit Privatarmeen und organisiertem Schleppertum werden enteignete, ausgebeutete und zukunftslose Menschen unter Hinweis auf die attraktiven sozialen Netze in Europa (hierzu gibt es spezielle Handbücher) gegen Bezahlung zur Flucht verleitet. Gemäß einer Mitteilung aus dem britischen Geheimdienst existieren derzeit rund 3.000 Schlepper-Organisationen mit rund 29.000 „Mitarbeitern“.

Der weitgehend staatlich betriebene chinesische Raubzug in der Dritten Welt verfolgt dasselbe imperialistische Muster.

Dazu kommt im europäischen Inland eine inzwischen etablierte „Asylindustrie“, die mit dem Argument der Menschlichkeit die praktisch unbegrenzte Aufnahme von Flüchtlingen durchzusetzen versucht. Dabei ist bekannt, dass über 90 Prozent der Flüchtigen Wirtschaftsflüchtlinge sind.

Wenn wir die Fragen „Warum keine Bekämpfung an den Wurzeln?“ und „Warum ergreifen wir keine geeigneten Abwehrmaßnahmen?“ stellen, stoßen wir auf „unheilige Allianzen“.

Die traditionellen Kolonialmächte haben zwar das Geld für militärische Interventionen zur Sicherung ihrer Rohstoffinteressen (insbesondere Frankreich und Großbritannien) und verpflichten sogar die übrigen europäischen Staaten zur Mithilfe, wobei sich auch das verfassungsgemäß immerwährend neutrale Österreich unter dem Titel der „Friedenssicherung“ einspannen lässt. Die im postkolonialen Vormarsch befindlichen Chinesen haben ebenfalls nur ihre Eigeninteressen an Rohstoffen und fruchtbarem Land im Auge.

Echte Entwicklungspolitik nicht beabsichtigt

Eine am Gemeinwohl orientierte umfassende Entwicklungspolitik ist offenbar nicht beabsichtigt und wird lediglich in Sonntagsreden und bei Beruhigungskonferenzen beschworen.

Eine solche Entwicklungspolitik müsste insbesondere folgende Kernpunkte enthalten: 

  • Eine Bodenreform, die das Land an die indigene Bevölkerung rückverteilt, gepaart mit der Einführung des Grundbuches (Rechtssicherheit und Öffnung des Hypothekenmarktes) sowie die flächendeckende Gründung von Kredit-, Produktions- und Verwertungsgenossenschaften.
  • Ausbau des Schulwesens – insbesondere auch der Berufsschulen – und des Beratungswesens.
  • Bindung des Gratisstudiums an Schulen, Hochschulen und Universitäten im Ausland an die Rückkehr in die Heimat.
  • Demokratische Reorganisation der Gemeinwesen nach dem Subsidiaritätsprinzip (den lokalen Bürgern eine Stimme geben).
  • Einrichtung einer unabhängigen Gerichtsbarkeit mit „benutzerfreundlichem“ Zugang der Bürger, gepaart mit einer vereinheitlichenden Kodifizierung der oft widersprüchlichen Rechtsebenen (Stammesrecht, altes Kolonialrecht, neu erlassene Gesetze und Verordnungen). Derzeit herrscht in den meisten Ländern extreme Rechtsunsicherheit.
  • Praxis und Schulung von Politikern, Beamten und Lehrern in Gruppen in vorbildlich organisierten Gemeinwesen (eine Einzelperson kann zuhause meist kaum etwas bewirken).
  • Umpolung der Militärbudgets in Richtung Bildung und Infrastruktur zur Verwirklichung der vorgenannten Ziele.
  • Rückübereignung der Bodenschätze an die Gemeinwesen (allenfalls unter Aufsicht des Internationalen Gerichtshofes). Dasselbe sollte für die Wälder und Wasserressourcen gelten.
  • Reorganisation des Geldwesens unter Einbindung in eine Internationale Währungsunion (Rückführung der Geldschöpfung an den Staat und internationale Kontrolle).
  • Längerfristige Zuerkennung von Schutzzöllen für die aufzubauenden lokalen Produktions- und Versorgungsstrukturen und Bindung der zwischenstaatlichen und internationalen Hilfen an die Durchführung der vorgenannten Maßnahmen.

Nur mit einer solchen Entwicklungspolitik wird es Frieden und Wohlstand in den betroffenen Ländern geben … und keinen Drang und Zwang zur Flucht.

Der europäische Arbeitsmarkt

Es muss auch die innereuropäische Situation in Betracht gezogen werden. Die steigende Arbeitslosigkeit (dzt. 26 Millionen) verträgt keinen Massenzustrom von meist unterqualifizierten Ausländern. Die gegenwärtige Politik ist geradezu schizophren: Weil man um die prekäre Arbeitsmarktsituation weiß, hält man die Asylanten vom Arbeitsmarkt fern. Diese lungern in der Mehrzahl bis zu zwei Jahren – manchmal sogar bis zu 10 Jahren – herum und verlernen das Arbeiten. Sie sind bestens vernetzt (Tablets) und beraten einander in der Ausnützung des sozialen Netzes. Da sie mittellos sind, können sie gratis Rechtsbeistand anfordern, müssen keine Sicherheitsleistung für die Prozesskosten erlegen (Art. 16 der Genfer Flüchtlingskonvention) und können daher Langzeitverfahren anstreben. Für spezialisierte Anwälte ist dies ein Dauerbrot (gegen mehr als 80 Prozent der abweisenden Bescheide wird berufen). Die Langzeitverfahren werden mit der Absicht (Hoffnung) verbunden, am Ende nicht mehr nach Hause geschickt zu werden, weil man ja schon so lange hier und so gut „integriert“ ist und das Abschieben eine menschliche Härte wäre. Die mediale Unterstützung der Anwälte und der „Asylindustrie“ ist ihnen dabei gewiss. 

Die nachstehende Tabelle zeigt die Anzahl und die Dauer der Verfahren in Österreich, die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Stand 1. Jänner 2014 erfasst wurden.

Offene Verfahren nach Antragsjahr (Stichtag 1. Jänner 2014)

Jahr

offen I. Instanz

offen II. Instanz

Summe

über 01 Jahr

292

2.729

3.021

über 02 Jahre

130

873

1.003

über 03 Jahre

148

836

984

über 04 Jahre

104

591

695

über 05 Jahre

77

276

353

über 06 Jahre

61

175

236

über 07 Jahre

42

272

314

über 08 Jahre

37

245

282

über 09 Jahre

6

183

189

über 10 Jahre

18

158

176

Summe:

915

6.338

7.253

Die Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Aberkennung des subsidiären Schutzes sind inkludiert; jedoch sind keine Rechtsmittel-Fristen berücksichtigt; die Berechnung erfolgte nach dem Asylantragsjahr.

Missbrauch des Artikels 31 der Flüchtlingskonvention

Hier sollte auch darauf verwiesen werden, dass das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK) aus dem Jahre 1951 auf den verschiedenen Übereinkommen zum Schutz der Vertriebenen nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg aufbaut. Seine Ergänzung durch das Protokoll aus dem Jahre 1967 hat es quasi globalisiert, aber der neuen Situation der Massenmigration von Wirtschaftsflüchtlingen aus anderen Kulturkreisen nicht Rechnung getragen. 

Vor allem wird die Bestimmung des Art. 31 GFK missbraucht. Dieser besagt, dass ein Flüchtling, der sich nicht rechtmäßig im Aufnahmeland aufhält, nicht ausgewiesen werden darf, wenn in seinem Heimatland „Leben und Freiheit bedroht“ sind. Hier gilt unter den Flüchtlingen der kursierende und konkret gehörte Rat: Wer am besten lügt, bekommt am ehesten Asyl. Wenn behauptet wird, dass auf der Flucht alle Papiere verloren gegangen sind, ist diese Strategie des glaubhaften Lügens erfolgversprechend. 

Auch die Bestimmungen über die Freiheit der Religionsausübung sollten revidiert werden: Wenn eine Religion zur Intoleranz und Gewalt auffordert, keine Trennung von Religion und Staat kennt und daher ihre Normen über die staatlichen stellt, dann sind der Freiheit nach Art. 4 GFK Grenzen zu setzen.

Es ist daher verwunderlich, dass Österreich als Vertragsstaat noch nicht eine Revision gemäß Art. 45 GFK verlangt hat (Mitteilung an den Generalsekretär der Vereinten Nationen). 

Hierzu kommt noch, dass der Begriff „Flüchtling“ auf illegale Einwanderer ausgedehnt wurde. Mittels dieser Umdeutung wird für alle, die in Europa eine bessere Zukunft suchen, ein Aufenthaltsrecht postuliert. Wirtschaftsflüchtlinge hätten „ein Recht, in Europa zu leben“. Der ehemalige österreichische Außenminister Willibald Pahr hat schon vor 13 Jahren (EVLÖ-Mitteilungen Nr. 54/55, 1993) darauf hingewiesen, dass „die Humanität in Einklang mit den berechtigten Interessen der Wohnbevölkerung“ zu bringen ist. „Es dürfen nur so viele Fremde legal aufgenommen werden, wie ohne Gefährdung des sozialen Friedens integriert werden können. Eine umfassende Wanderungspolitik ist daher eine essentielle Notwendigkeit.“ Er betonte auch: „Es gibt immer wieder den Einwand, dass man aus humanitären Gründen einen Einwanderer nicht zur Rückkehr zwingen sollte. Ich glaube, wir leben in einem Rechtsstaat, und wer sich illegal in Österreich aufhält, ist ein Rechtsbrecher. Zum Wesen eines Rechtsstaates gehört die Durchsetzung des Rechts. Wer für die Durchsetzung des Rechts nicht sorgt (oder sich ihr widersetzt), ist ein Totengräber des Rechtsstaates.“ 

Diese Unterminierung des Rechtsstaates erleben wir derzeit. Sie wird noch verstärkt durch die Vielzahl an Migranten, die sich nicht an die Regeln des Gaststaates gebunden fühlen, weil sie eine Glaubensrichtung (Islam) vertreten, in der das ihnen vertretene göttliche Recht (divine law) vor dem „menschengemachten Recht“ (human made law) des Gastlandes geht. 

Da die Wirtschaftsflüchtigen – wie eingangs erwähnt – oft auch noch Schulden bei den Schleppern haben, besteht die Verlockung, in der Kleinkriminalität einen Ausweg zu sehen; zumal der Weg in den normalen Arbeitsmarkt verschlossen ist (siehe oben).

Hierzu kommt noch, dass sich die „Schulung“ in der Regel auf die ausreichende Beherrschung der einfachen Umgangssprache und der Grundrechenarten beschränkt.

„Asylantensitting“ auf Gemeinkostenbasis

Von Staatbürgerkunde und Gewinnung einer neuen Identität (Stolz auf die neue Heimat) ist kaum die Rede. Wir betreiben lediglich „Asylantensitting“ auf Gemeinkostenbasis.

Wie sollen aus diesen Menschen engagierte Staatsbürger und wertvolle Mitglieder der Gesellschaft werden?! In kleinen Gruppen (nicht in Massen) und mit engagiert-intensiver Betreuung kann dies gelingen. Ich selbst habe mit meiner Familie solches bewirken können – aber neben der offiziellen „Betreuungsindustrie“. 

Wenn wir die gegenwärtige Entwicklung weiter treiben lassen, kommt es sicher zu sozialen Spannungen und zu weiter steigender Kriminalität. Daher verwundert es mich, dass neben einer gemeinwohlorientierten Entwicklungs- und Geopolitik einige sinnvolle Abwehrmaßnahmen nicht ergriffen werden:

  • Eine europäische Flotte sollte vor den südlichen Mittelmeerküsten patrouillieren und alle Boote zurückschicken. Dann würden die Schlepper und die Betroffenen zur Erkenntnis kommen, dass diese Art von erpressender Flucht keinen Sinn hat. Die australischen Behörden greifen gegenwärtig nach diesem Muster erfolgreich durch. 
  • Gleichzeitig sollten in allen in Frage kommenden Ländern Auffanglager errichtet werden, in denen Asylanträge gestellt werden können. Solches hat vor 15 Jahren bereits der deutsche Innenminister Otto Schily vorgeschlagen.
  • Außerdem müsste vereinbart werden, dass die Schlepperei als internationales Verbrechen in allen Staaten ein gerichtlich zu verfolgender Tatbestand ist, wie dies W. Pahr und die Budapester Konferenz zur Verhinderung illegaler Wanderbewegungen vom Februar 1993 in Budapest, bei der 33 europäische Staaten, die EG, der Europarat, der UNHCR und die IOM vertreten waren, schon gefordert haben.

Da all diese Maßnahmen nicht ergriffen bzw. verhindert wurden und werden, hege ich – ohne ein Verschwörungstheoretiker zu sein – den Verdacht, dass auch Europa bewusst in eine Situation gesteuert wird, in der nicht nur im Finanzbereich, sondern auch in der Gesamtgesellschaft Verhältnisse geschaffen werden, die den „Eliten“ die Rechtfertigung geben, „rettende Notstandsmaßnahmen“ zu ergreifen, die den demokratisch, freiheitlichen Rechtsstaat endgültig aushebeln (plutokratischer Neofeudalismus). Den Armeen kämen dann auch interne Repressionsfunktionen zu. Hierzu bedarf es aber keiner Milizen, denn diese würden gegen die eigenen Leute kaum vorgehen, sondern Berufssoldaten (Söldner). Letzteres wird ja unter dem Titel der besseren Professionalität emsig betrieben.

Die Verhältnisse in Griechenland sind Vorboten einer gesellschaftlichen Destabilisierung. Lokale Aufstände oder Aktionen wie die gewaltsame Erstürmung eines Zuges in Richtung EU in Mazedonien durch junge illegale Einwanderer, die dringend in ihrer Heimat gebraucht würden, sollten eine nicht zu übersehende Aufforderung zum Handeln sein.

Ich habe mit einer ägyptischen Kollegin gesprochen, die mit mir das Gedankenexperiment gemacht hat, was bei Beibehaltung der gegenwärtigen „no-border“-Politik passieren würde, wenn der Bürgerkrieg in ihrem Land eskaliert und nur 10 Prozent der rund 10 Millionen Einwohner Kairos sich zur Flucht entscheiden? Der daraus resultierende Umfang einer neuerlichen Migration ist leicht nachzurechnen!

Es ist somit auch dringend erforderlich, klarzustellen, dass Wanderungen aufgrund von Kriegen und Bürgerkriegen keinen Status im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention begründen. Vielmehr sind Befriedungsmaßnahmen vor Ort und Wiederaufbauprogramme einzuleiten.

Schon allein die Tatsache, dass weltweit rund 40 gewaltsame Konflikte toben, zeigt die selbstzerstörerische Sinnlosigkeit einer unbegrenzten Aufnahmepolitik aus kurzsichtigen humanitären Gründen. Wir sollten bedenken, dass nur intakte Gemeinwesen nachhaltig helfen können. 

Bearbeitungsstand: Dienstag, 29. März 2016

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